Der Handy-Entscheid des Verbandsschiedsgerichts zum «Fall Grand Echiquier - Amateurs» enthält viel Brisanz – die Mobiltelefon-Spezialregel für SSB ist per sofort ausser Kraft gesetzt

von Markus Angst

Ab sofort verliert bei allen vom Schweizerischen Schachbund (SSB) organisierten Turnieren jeder Spieler seine Partie, wenn er ein Mobiltelefon mit in den Turniersaal nimmt.

ma - Ab sofort verliert bei allen vom Schweizerischen Schachbund (SSB) organisierten Turnieren jeder Spieler seine Partie, wenn er ein Mobiltelefon mit in den Turniersaal nimmt. Dies ist die Konsequenz des jüngsten Urteils des Verbandsschiedsgerichts (VSG) zum «Fall Grand Echiquier - Amateurs».

Im entscheidenden Match der 9. Runde um den Abstieg aus der Nationalliga-B-Westgruppe der Schweizerischen Mannschaftsmeisterschaft (SMM) hatte einer der Amateurs-Spieler sein Handy dabei. Er hat zwar damit nicht betrogen, und es hat auch nicht geläutet. Aber alleine die Tatsache, dass er – wie Hunderte SMM-Spieler in der vergangenen Saison auch – sein Mobiltelefon mit in den Turniersaal genommen hat, veranlasste das VSG (im Gegensatz zum erstinstanzlichen Entscheid der SMM-Leitung), seine Partie als verloren zu taxieren (www.swisschess.ch/news-112/items/nach-smm-entscheid-des-verbandsschiedsgerichts-statt-grand-echiquier-lausanne-steigt-aus-der-nlb-westgruppe-amateurs-genf-in-die.html).

Das VSG stützt sein letztinstanzliches Urteil auf den exakten Wortlaut von Artikel 11.3.b) der am 1. Juli 2014 in Kraft getretenen neuen FIDE-Regeln, der es strikt untersagt, Mobiltelefone in den Turniersaal mitzunehmen. Erlaubt ist laut VSG nur, eine mildere Sanktion vorzusehen, nicht aber das Mitführen eines Handys zu gestatten.

Zwar erschien am 18. September 2014 auf der SSB-Homepage (www.swisschess.ch/news-112/items/die-neue-handy-regel-wird-entschaerft.html) und in «SSZ» 6/14 ein Artikel, in dem von einer Milderung der Handy-Regel die Rede war. Entgegen der Ansicht von in der Schweiz ansässigen Internationalen Schiedsrichtern, die – im Vertrauen auf eine entsprechendeWeisung von Takis Nikolopoulos, Chairman der FIDE-Schiedsrichterkommission – von einer Inkraftsetzung des neuformulierten Artikels 11.3.b) per 1. Oktober 2014 ausgegangen sind, haben diese Neuerungen gemäss Recherchen und Urteil des VSG aber noch nicht Einzug in die FIDE-Regeln gefunden.

Und die in der «SMM-Broschüre 2015» abgedruckten, vom SSB-Zentralvorstand 2007 beschlossenen «Ergänzenden Ausführungsbestimmungen des SSB» zur Handhabung der Handy-Regel sind laut VSG mit den 2014 in Kraft getretenen neuen FIDE-Regeln hinfällig geworden. Denn gemäss VSG-Präsident Dr. Michael Hochstrasser lässt der neue Artikel 11.3.b) der FIDE-Regeln keinen Raum mehr für einen solchen Beschluss eines nationalen Verbandes.

Deshalb hat laut VSG für den betroffenen Amateurs-Spieler das Handy-Verbot gemäss Artikel 11.3. der FIDE-Regel ohne Einschränkung gegolten – mit dem Partieverlust als Folge. Und als Konsequenz verliert ab sofort jeder Spieler bei einem SSB-Turnier seine Partie, wenn er ein Mobiltelefon mit in den Turniersaal nimmt. Für Michael Hochstrasser ist zwar klar, «dass diese Sanktion hart ist, doch lässt Artikel 11.3. der FIDE-Regeln keinen Ermessensspielraum zu. Als Verbandsschiedsgericht haben wir nicht die Kompetenz, eine gültige FIDE-Regel zu ignorieren.»

Noch offen ist, wie es nun bezüglich SSB-Turnieren  – insbesondere für die laufende Saison der Schweizerischen Gruppenmeisterschaft (SGM) – weitergeht. Die Kommission Turniere des SSB wird an ihrer nächsten Sitzung am 12. Dezember darüber beraten und umgehend informieren. Es sei aber allen Spielern dringendst empfohlen, ihr Handy inskünftig nicht mehr in den Turniersaal mitzunehmen.

Eine detailliertere Würdigung des brisanten Handy-Urteils finden Sie auf Deutsch und Französisch in der in rund zwei Wochen erscheinenden nächsten Ausgabe der «Schweizerischen Schachzeitung».

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