Interview des Monats mit Catherine Thürig: «Die gemeinsame Aufgabe schweisst uns zusammen»

von Markus Angst

Catherine Thürig ist OK-Präsidentin des Bundesturniers in Olten.

ma - Vom 9. bis 12. Mai findet im Hotel «Arte» in Olten das Bundesturnier statt. OK-Präsidentin Catherine Thürig hat die Übersicht.

Genau 100 Jahre sind es her, seit in Zürich das erste Bundesturnier über die Bühne gegangen ist. Warum ist Ihrer Ansicht nach die Attraktivität des wichtigsten Events des früheren Schweizerischen Arbeiter-Schachbundes (SASB) bis heute erhalten geblieben?

Catherine Thürig: Es sind in meinen Augen drei Faktoren, weshalb das Bundesturnier so beliebt ist. Erstens lieben es viele Schachspieler und Schachspielerinnen, ein siebenrundiges Turnier in vier Tagen zu spielen, um voll und intensiv in die Schachwelt einzutauchen. Zweitens liegt es am idealen Austragungstermin über das Auffahrts-Wochenende. Die Kinder haben in der ganzen Schweiz schulfrei, und viele Berufstätige haben am Freitag einen Brückentag. Drittens findet das Bundesturnier oft in zentral gelegenen Städten statt, was ideal für Pendler ist.

Das diesjährige Bundesturnier findet nach 2003, 2009, 2011, 2014, 2017 und 2019 bereits zum siebten Mal in Olten statt. Was spricht für Olten?

Olten ist sehr zentral gelegen und sowohl mit dem Auto, aber besonders auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Die Zugfahrt von Basel, Bern, Biel, Luzern und Zürich nach Olten dauert rund 30 Minuten. Und vom Bahnhof Olten sind es noch knapp fünf Minuten zu Fuss ins Spiellokal.

Gibt es auch Argumente, die gegen den Austragungsort Olten sprechen?

Eigentlich nicht. Olten bietet touristisch gesehen etwas weniger als andere Städte, aber dieser Aspekt spielt beim vollen Programm des Bundesturniers nur eine unbedeutende Rolle.

Stichwort Spiellokal: Alle bisherigen Oltner Bundesturniere fanden im Hotel «Arte» statt – und auch dieses Jahr wird wieder dort gespielt. Was zeichnet das «Arte» für einen solchen Schach-Grossanlass aus?

Es sind in erster Linie die optimalen Spielbedingungen in zwei grosszügigen Sälen. Dazu kommt, dass das «Arte» jeweils attraktive Spezialpreise für Übernachtungen während des Bundesturniers bietet. Wer nicht pendeln will, hat also nur wenige Meter vom Hotelzimmer in den Turniersaal. Und man kann sich zwischen den Runden – bei schönem Wetter in der Gartenterrasse – preisgünstig und rund um die Uhr im «Arte»-Restaurant verpflegen.

Vier der bisherigen sechs Bundesturniere in Olten wurden vom Schachklub Olten organisiert. Was reizt Ihren Verein an dieser Aufgabe?

Die beiden ersten Oltner Bundesturniere organisierte der leider verstorbene Robert Spörri mit seiner Beochess-Organisation. Er zog sich allerdings 2009 zurück. Als sich für das Bundesturnier 2011 keine Interessenten meldeten, sassen wir in unserem Klub zusammen und entschieden uns, das Turnier erstmals in Eigenregie durchzuführen. Bis heute ist das OK-Team praktisch unverändert geblieben. Die gemeinsame Aufgabe schweisst uns zusammen. Wir sind stolz, zusammen etwas Grosses zu vollbringen. Und nicht zuletzt ermöglichen wir den Mitgliedern unseres Klubs, in Olten ein attraktives Turnier zu spielen.

Und was motiviert Sie persönlich als OK-Präsidentin an dieser Herausforderung?

Zuallererst schätze ich den Kontakt zu Gleichgesinnten sowie die spannungsgeladene Turnieratmosphäre. Ausserdem macht mir die Organisation Spass. Das Organisieren ist sicher eine meiner Stärken. Das habe ich in meiner beruflichen Laufbahn oft erfolgreich einsetzen können. Ein Plus bei dieser Aufgabe ist, dass ich weiss, was den Spielern und Spielerinnen wichtig ist. In meiner langen Schachkarriere als Spielerin und Funktionärin habe ich viele Erfahrungen sammeln können und immer wieder ausserordentliche Augenblicke erleben dürfen.

Mit welchen Problemen sind Sie bis anhin konfrontiert worden bei diesem Projekt?

Eigentlich keine. Wir sind ein gut eingespieltes und routiniertes OK-Team. Es liegt uns sehr viel daran, jedes Mal einen neuen Aufhänger zu bringen, aber dieser innovative Aspekt ist nur ein kleiner Bestandteil. Den Rest kennen wir. Die Last ist gleichmässig und gemäss den individuellen Stärken gut verteilt. Jeder weiss, was zu tun ist. Auch die Zusammenarbeit mit dem Hotel funktioniert immer sehr gut. Wir sind jedes Mal herzlich willkommen. Zudem sind wir lokal und regional gut etabliert. Zusammenfassend kann man sagen: Das sind Wunschbedingungen für jedes Projekt.

Welche Prinzipien und Methoden aus dem Projektmanagement wenden Sie an, um dieses Turnier zu organisieren?

Erfahrung? Spass beiseite. Seit Jahren arbeiten wir praktisch mit dem gleichen Konzept. Darin haben wir drei Ziele formuliert. Erstens: Imagewerbung für das Schach allgemein und für den Schachklub Olten. Zweitens: eine einwandfreie Organisation. Im Detail: hohe Zufriedenheit für alle Spieler und Spielerinnen mit Imagegewinn für die Stadt Olten und unseren Schachklub. Drittens Finanzen: Das Turnier und die damit verbundenen Werbeanlässe sollen selbsttragend sein. Das Konzept wird vor jeder Ausführung aktualisiert und dient als Basis für das Team. Projektmässig ist es unser «Pflichtenheft».

Was gilt es beispielsweise zwingend zu vermeiden, wenn ein solcher Grossanlass geplant wird?

Zu spät mit der Planung anfangen. Vor der offiziellen Kandidatur muss die Zusage für die Lokalitäten vorhanden sein und die Rahmenbedingungen müssen stehen. Dann sollten die wichtigsten Posten früh genug, optimal ein Jahr im Voraus, besetzt sein und das Budget erstellt sein.

Schaut für Ihre Vereinskasse auch ein Batzen heraus aufgrund der Arbeit fürs Bundesturnier?

Erfreulicherweise ist das meistens der Fall, aber unser Ziel ist nicht die Gewinnoptimierung. Wir haben in unserem Budget immer einen Posten für Rahmenveranstaltungen, weil wir das Bundesturnier für Werbung für das Schach in der Region nutzen wollen. Der traditionellste Anlass ist das Behörden- und Sponsorensimultan am Mittwochabend mit einem Schweizer Nachwuchsspieler. Nach Gabriel Gähwiler, Nico Georgiadis, Fabian Bänziger und Noah Fecker – die mittlerweile übrigens allesamt Schweizer Nationalspieler sind – wird dieses Jahr der Berner Junior Igor Schlegel unser Simultangeber sein. Nach dem Simultan gibt es jeweils einen Apéro, bei dem es stets zu interessanten Gesprächen kommt. So war vor fünf Jahren beispielsweise auch der Oltner Stadtpräsident Thomas Marbet am Simultan und Apéro. Er wird auch dieses Jahr kommen und das Bundesturnier am Donnerstag offiziell eröffnen.

Gibt es noch weitere Rahmenveranstaltungen rund ums Bundesturnier 2024?

Ja, am Samstag organisiert die Schweizerische Jugendschachstiftung einen Donatoren-Abend. Und am Mittwoch, 15. Mai, 20 Uhr, findet in der Oltner Buchhandlung Schreiber eine Lesung mit dem Zürcher Schach-Krimi-Autor Oliver Thalmann statt. Der Buchtitel heisst: «Mord im Prime Tower». Oliver Thalmann wird übrigens auch am Bundesturnier mitspielen.

Ans letzte Bundesturnier in Olten kamen vor fünf Jahren 350 Spieler und Spielerinnen. Wie viele erwarten Sie in diesem Mai?

Wir sind zuversichtlich, dass wir auch dieses Jahr mindestens wieder so viele begrüssen dürfen. Insgeheim hoffen wir natürlich, unseren Rekord von 2019 zu übertreffen.

In Ihrem Bundesturnier-Editorial in der «Schweizerischen Schachzeitung» 1/24 stand, dass einer der prominentesten Teilnehmer IM Fabian Bänziger sein wird. Ist er der Favorit?

Es freut uns ausserordentlich, dass der amtierende Schweizer Meister in Olten spielen wird. Der Bundesmeister-Titel fehlt ja noch in seinem beeindruckenden Palmarès. Und ja, er ist sicher einer der Hauptanwärter auf den Titel. Auch Titelverteidigerin WFM Mariia Manko wird am Start sein. Denn es gehört zur Tradition des Schachklubs Olten, dass wir den Vorjahressieger – oder in diesem Fall die Vorjahressiegerin – jeweils einladen und ihm/ihr ein Hotelzimmer für die Turnierdauer offerieren.

Es spielen ja immer viele Mitglieder des Schachklubs Olten im Bundesturnier in der eigenen Stadt mit. Haben Sie darunter auch heisse Eisen im Kampf um die vorderen Plätze?

Ja klar. In erster Linie kommt mir da unser Routinier FM Bruno Kamber in den Sinn, der schon vier Mal Bundesmeister geworden ist – letztmals 2017 in…Olten! Und auch der Schweizer U14-Vizemeister Suvirr Malli wird besonders motiviert sein, als Lokalmatador ein gutes Resultat zu erzielen.

Sie selber spielen ja auch Schach, waren viele Jahre im Schweizer Damenkader und wurden 1998 Schweizer Meisterin. Welche Bedeutung hat Schach heute für Sie?

Schach spielt nach wie vor eine grosse Rolle in meinem Leben. Natürlich nicht mehr so intensiv und ambitioniert wie damals, als ich noch im Nationalkader mitspielte. Heute nehme ich es gelassener, geniesse es aber nach wie vor mich voll auf eine Partie zu fokussieren und die Welt um mich herum zu vergessen. Ich freue mich auch auf die vielen Kontakte mit alten und neuen Bekannten.

Was haben Sie persönlich dank des königlichen Spiels fürs Leben gelernt?

Strategisches Denken, Stress-Resistenz, zu seinen Fehlern zu stehen und um den verstorben GM Ivan Nemet zu zitieren: «Man muss bescheiden bleiben.»

Interview: Graziano Orsi

Facts & Figures zu Catherine Thürig

Wohnorte: Olten und Saas im Prättigau.

Alter: 66.

Beruf: Informatikerin.

Hobbys: Schach – what else?

ELO (Schweiz): 1887 (Liste 6/2023)

Klub: SK Olten.

Lieblingsschachspieler bzw. -spielerin: Personenkult ist nicht so meine Sache. Ich habe einfach Freude an den vielen Schach-Meisterwerken, die auf der ganzen Welt gespielt werden.

Schach-Buchtipp: Die Werke von GM John Watson in der Gambit-Reihe sind immer eine Inspiration.

Weblink

Bundesturnier 2024 in Olten

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