Interview des Monats mit SEM-Leiter Peter Erismann: «Ich fühle mich sehr wohl mit den Änderungen»

von Markus Angst

Peter Erismann (Foto von der SEM 2023 in Leukerbad): «Ich erwarte dieses Jahr zwischen 300 und 320 Teilnehmende.»

ma - Die Vorbereitungen für die Schweizer Einzelmeisterschaften vom 13. bis 21. Juli in Flims laufen auf Hochtouren. SEM-Leiter Peter Erismann weiss, was es zu tun gegeben hat und noch geben wird.

Können Sie noch gut schlafen, Herr Erismann? Die SEM 2024 in Flims beginnt ja bald.

Ja, ich schlafe bestens, bisher läuft alles plangemäss.

Eine kurze Rückblende. Im vergangenen Jahr waren Sie in Leukerbad erstmals SEM-Leiter. Welche Bilanz zogen Sie nach Ihrer Premiere?

Letztes Jahr in Leukerbad hat alles sehr gut geklappt. Wir konnten auf ein erfahrenes und kompetentes Team zählen – sowohl beim lokalen Organisator als auch beim SSB. Dazu war das Spiellokal gross genug, und alles war in Gehdistanz.

2023 spielten an der SEM in Leukerbad 284 Personen mit. Wie viele Teilnehmende erwarten Sie dieses Jahr in Flims?

Ich erwarte dieses Jahr zwischen 300 und 320 Spieler(innen). Der derzeitige Anmeldestand lässt darauf schliessen, dass mindestens die Anzahl 300 erreicht werden sollte, womit auch das Budget im Lot wäre. Im Moment haben Schachturniere – wie das Bundesturnier in Olten im Mai eindrücklich gezeigt hat – generell steigende Beteiligungszahlen. Zudem dürfte es sich herumgesprochen haben, dass die letztjährigen Titelkämpfe ein erfreulicher Erfolg waren.

Letztes Jahr überkreuzten sich die SEM und das Bieler Schachfestival erstmals. Heuer ist das wieder der Fall. Hatte dies 2023 negative Auswirkungen auf die Beteiligung an der SEM?

Die Auswirkungen der Terminüberschneidung sind gering, haben doch die beiden Turniere wesentlich unterschiedliche Ausrichtungen. Einzig für die Kategorie Meisterturnier ist die Überschneidung nicht wirklich optimal, da verlieren wir ein paar potenzielle Teilnehmende an Biel.

2023 fiel die SMM erstmals in die Zürcher Schulferien. Bekamen Sie diesbezüglich positive Feedbacks?

Feedbacks bezüglich den Schulferien habe ich keine erhalten, jedoch erfreulicherweise auch keine Reklamationen mehr! Und dass das diesjährige Jugendschachlager bereits ausgebucht ist, deutet darauf hin, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Zurück in die Zukunft. Für die SEM 2024 beschloss der SSB einige Änderungen. So muss beispielsweise das Herren-Titelturnier mindestens drei Grossmeister umfassen. Welche Absicht steckt dahinter?

Die neue Regelung, dass im Titelturnier der Herren mindestens drei Grossmeister teilnehmen, bedeutet, dass es nun möglich ist, nicht nur auf den Schweizer-Meister-Titel zu spielen, sondern dass man zusätzlich auch eine Grossmeisternorm erzielen kann. Dies ist insbesondere für die Kaderspieler wichtig, die diesen Titel noch nicht haben. Die neue Regelung bedeutet eine deutliche Attraktivitätssteigerung für die Teilnehmenden.

Wie heissen die drei Grossmeister?

Die drei Grossmeister sind Sebastian Bogner, Nico Georgiadis und Li Min Peng. Alle drei werden übrigens die Schweiz im September an der Olympiade in Budapest vertreten.

Neu ist auch, dass das Damen-Titelturnier nur noch mindestens sechs statt zehn titelberechtigte Teilnehmerinnen umfassen muss. Das heisst, es können auch Ausländerinnen mitspielen. Welche Idee steckt dahinter?

Wir wollen sicherstellen, dass auch bei den Damen ein attraktives neunrundiges Turnier stattfinden kann und dass analog zu den Herren auch WIM-Normen möglich sind.

Und wie sieht das finale Teilnehmerinnen-Feld nun aus?

Neun von zehn Teilnehmerinnen stehen fest, die zehnte Spielerin werden wir einladen. Titelfavoritin ist die amtierende Schweizer Meisterin WIM Sofiia Hryzlova.

Das Senioren-Titelturnier umfasst neu zehn statt acht Teilnehmer. Warum wurde es um zwei Plätze erweitert?

Von Seiten der Senioren wurde der Wunsch an den SSB herangetragen, das Seniorenturnier gleich zu behandeln wie die anderen Titelturniere.

Neu dauern die vier siebentägigen Turniere HT I, HT II, HT III und HT IV von Sonntag bis Samstag (statt wie 2023 von Montag bis Sonntag) – also während der Runden 2 bis 8 der neunrundigen Kategorien. Warum hat man auch dies geändert?

Dass die siebenrundigen Turniere nun vom Sonntag bis am Samstag stattfinden, ist ebenfalls auf Wunsch von Teilnehmenden zurückzuführen. Einerseits ist es optimaler für Anreisen und Abreisen, andererseits ist es auch einfacher, Ferienwohnungen zu mieten. Diese sind manchmal nur wochenweise zu mieten.

Das sind schon recht viele Anpassungen fürs 2024. Fühlen Sie sich wohl dabei?

Ja, ich fühle mich sehr wohl mit den Änderungen, es sind alles Optimierungen.

Für die Spieler(innen) und insbesondere auch für die Begleitpersonen bieten auch die Flimser Organisatoren wieder ein attraktives Rahmenprogramm mit diversen Veranstaltungen. Welches sind die Highlights?

Alle Teilnehmenden werden im schachlichen Rahmenprogramm sicher das Passende finden. Die Podiumsdiskussion zum Thema «Next Generation Chess» moderiert von GM Sebastian Siebrecht wagt den Blick nach vorn. Ich bin überzeugt, dass die «Masterclass für Amateure» mit GM Christian Bauer halten wird, was der Titel verspricht. Schachprobleme im Wettkampf zu lösen, ist für Spielende jeder Stärke eine neue, bereichernde Erfahrung. Traditionell gibt es auch ein Simultan, diesmal fordern wir IM Sébastien Joie. Und zum Abschluss sind wir alle Teil des Weltrekordversuches «Most chess games played in 24 hours».

Und wie sieht das Kultur-Rahmenprogramm aus?

Das Kulturprogramm «Flimsfestival» bietet täglich etwas und das breit gefächerte Programm ist attraktiv – vom Morgenkonzert bis Musik zur Nacht und vom Alphorn über Klassik bis zum Blues.

Wie gestaltet sich Ihre Zusammenarbeit mit den lokalen Organisatoren von Flims?

Es ist sehr wichtig, lokale Organisatoren zu finden, insbesondere da eine geeignete Infrastruktur und genügend Hotelkapazitäten vorhanden sein müssen. Sobald sie gefunden waren, gestaltete sich die Zusammenarbeit konstruktiv und problemlos.

Welches waren die grössten Herausforderungen im Rahmen der Organisationsarbeit für Flims 2024?

Die grösste Herausforderung waren die Verhandlungen mit Flims bis zur Vertragsunterzeichnung. Es hat vor Ort noch personelle Wechsel gegeben, wir werden somit mit den neuen Partnern eine reibungslose Durchführung sicherstellen. Es ist jedoch alles bestens aufgegleist.

Zum Abschluss blicken wir noch weiter in die Zukunft. Für die SEM 2025 hat der SSB noch keinen Organisator gefunden. Ist die Suche nach Austragungsorten schwieriger geworden?

Der Ort der Austragung 2025 steht in der Tat noch nicht fest, an einem der potenziellen Austragungsorte war die Infrastruktur nicht geeignet, an einem anderen Ort mangelte es an den Hotelkapazitäten. Wir hoffen jedoch, in Flims den nächstjährigen Austragungsort bekannt geben zu können.

Interview: Graziano Orsi

Peter Erismann persönlich

Wohnort: Basel.

Alter: 68.

Beruf: Human-Resource-Leiter (seit 2021 pensioniert).

Hobbys: Schach und Reisen.

ELO (Schweiz): 2040 (Liste 2/24).

Klub: SG Riehen.

Lieblingsschachspieler: Garry Kasparow überzeugte mich mit seinem unglaublich starken Willen und seinem spektakulären Spielstil.

Schach-Buchtipp: «The Psychology of Chess» von Nikolai Krogius war für mich eine inspirierende Lektüre.

Weblinks

Alle Details zur SEM 2024 in Flims finden Sie auf der SSB-Website und in der «Schweizerischen Schachzeitung» 2/24.

Titelturnier Herren

Titelturnier Damen

Kultur-Rahmenprogramm in Flims

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